Die Zukunft der Altersvorsorge oder soll die Stiftung Abendrot Nestlé-Aktien kaufen
Einleitung
Im Jahre 2002 wurde durch die grossen Kursverluste an den Börsen auch in der Schweiz
plötzlich ein Thema ins Bewusstsein gerufen, das bis dahin nicht sonderlich beschäftigt hatte: Die Pensionskassen. Durch die schlechte
Börsenlage hatten viele dieser Institutionen grosse Verluste erlitten. Sanierungsbedarf wurde angemeldet, die Politik wurde zu Hilfe gerufen
und ganz kurzfristig wurden Gesetze und Verordnungen geändert, die zuvor als unantastbar galten. Plötzlich wurde sichtbar, dass die (monetäre)
Altersvorsorge in der Schweiz nicht nur bei der staatlichen Rente (AHV) ein Problem hat. Für viele Menschen ein Schock. Am schlimmsten traf es
vielleicht diejenigen, die gerade pensioniert wurden. Von einem Tag auf den anderen wurde der über Jahrzehnte immer als sicher versprochene
Rentenbetrag massiv gekürzt.
Dass das Pensionskassen-System, die sogenannte zweite Säule, grössere Konstruktionsfehler aufweist, war schon seit Beginn des Obligatoriums 1972
bekannt. Pensionskassen legen das eingezahlte Geld an und müssen daraus, mittels der Zinsen einen zusätzlichen Mehrwert erwirtschaften.
Dabei kommen sehr grosse Beträge zusammen im Jahr 2000 hatten die Schweizer Kassen ein Vermögen von 585 Milliarden Franken zu verwalten.
Einen Teil dieses Geldes nachhaltig, umweltbewusst und in Selbstverwaltung anzulegen, dazu wurden in den letzten 20 Jahren in der Schweiz einige
"alternative" Pensionskassen gegründet. Ursprünglich waren es Experimente die eher belächelt wurden. Inzwischen haben sich einige dieser Kassen
aber sehr gut etabliert. Eine der ältesten und heute die grösste davon ist die "Stiftung Abendrot" in Basel. Ihre Bilanzsumme im Jahre 2003 war
222 Mio. Franken mit 723 angeschlossene Betriebe und insgesamt 3681 Angestellten. Sie hat in ihren Grundsätzen die Anlagekriterien Gesundheit,
Umwelt und Gerechtigkeit festgeschrieben.
Nun wurde auch die Stiftung Abendrot trotz nachhaltiger Anlagepolitik nicht von der Börsenentwicklung verschont und hatte einen gewissen Verlust
abzuschreiben. Durch die Berater der für die Anlagestrategie beauftragten Bank Sarasin in Basel, wurde nun dem Stiftungsrat als "kühner Coup"
vorgeschlagen, Aktien von Nestlé zu kaufen. Die Aktien dieser Firma verhielten sich rentabler als andere und weil Nestlé angeblich gerade kürzlich
viel nachhaltiger geworden sei, könne auch eine nachhaltige Pensionskasse einmal über ihren Schatten springen. Die Firma Nestlé hat sich tatsächlich
angestrengt in den letzten Jahren und insbesondere die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit stark verbessert. Vieles lässt aber darauf schliessen,
dass vor allem die Fassade geschönt wurde. Wichtige Fragen bleiben weiterhin ungelöst und klare Entscheide z.B. gegen die Gentechnologie oder zur
Beendigung der Verfolgung der Gewerkschaften in Kolumbien werden nicht gefällt.
Der Vorschlag zum Kauf von Nestlé-Aktien, von Beginn weg umstritten, wurde durch den Stiftungsrat an alle angeschlossenen Betrieben weitergeleitet
und anschliessend an der Delegiertenversammlung mittels einer Podiumsdiskussion nochmals heftig diskutiert. Die Tatsache, dass eine solche Idee in
"alternativen Kreisen" diskutiert wird, zeugt sicher von Offenheit und Bereitschaft zum Dialog. Andererseits ist sie vielleicht auch ein Zeichen dafür,
dass gewisse Grundsätze über die Jahre hinweg erodiert sind oder dass eigene Ideen fehlen.
Das vorliegende Dosier enthält einen grösseren Vortrag zur Grundfrage der Altersvorsorge als Basisdokument. Anschliessend wird der "Fall Nestlé" anhand des
Dialoges und der Beiträge von Jens Martignoni mit der Stiftung Abendrot beispielhaft dokumentiert.
Damit sind natürlich die Fragen zu unserer Altersvorsorge in 20, 30 oder gar 50 Jahren noch lange nicht beantwortet. Das Dossier soll vielmehr einen Anstoss
zur weiteren Beschäftigung damit geben.
Das Dossier mit 30 Seiten spiralgebunden kostet Sfr 15.- (Preis Schweiz inkl. Versand).